Das Problem mit der optimalen Gummitemperatur

Man nehme:

  • ein spezielles FlexFilm-Obermaterial, das durch seine besondere Leichtigkeit hervorsticht
  • eine zweifach verdichtete SSL-EVA Zwischensohle, ebenfalls besonders leicht, extrem haltbar und mit einer maximalen Rückfederung
  • eine hochwertige Einlegesohle Ground Reaction Inertia Device (GRID)
  • eine bisher nie verwendete PowerTrac-Gummisohle, die eine dreifache Rutschfestigkeit aufweist
  • dazu eine Sprengung von 4mm
  • ein Gesamtgewicht von 186 Gramm

Kurz gesagt: ein Saucony Fastwitch 7
So, jetzt reicht es aber mit der Werbung 😉

Diese einzigartige Materialzusammensetzung wird 60′ vor dem Start 4km lang warm gelaufen, sodass sich die Gummisohle auf den speziellen Asphalt einstimmen kann.
Danach wird die Wettkampfkleidung angezogen und um nicht auszukühlen, sowohl der Schuh als auch der Läufer, werden noch warme Sachen rübergezogen.
Denn bei Temperaturen von 7 Grad und Nebel kühlen Material und Motor schnell aus.

Zusammen mit meinen Trainingskollegen Frederik und Habtom geht es 20′ vor Rennbeginn zum Start. Das Besondere am Hockenheim-Lauf sind die zwei Startblöcke. Der vordere Block läuft einen Bogen und der in 700m Entfernung aufgestellte zweite Startblock geradeaus.
Nach 800m treffen die Läufer der beiden Blocks aufeinander und laufen alle gemeinsam die nächsten Kilometer.

Um Bremsplatten und eine erhöhte Abnutzung der zuvor nie verwendeten Gummisohlen entgegenzuwirken, entschieden wir uns für den hinteren Startblock. Zumal auch die Gefahr des „Abfliegens“ in der Kurve deutlich höher ist. Auf dem Weg zum Startblock mussten wir unsere bereits ausgekühlten Schuhe wieder auf wärmere Temperatur bringen und absolvierten daher noch 3 Steigerungen. Nun glühten die Sohlen und hatten eine Temperatur von exakt 24,67 Grad. Zusammen mit der Asphalttemperatur von 3,78 Grad errechnete unser Coach optimale Verhältnisse.
Die Zeichen standen somit voll und ganz auf Bestzeit.

Aufgrund der optimalen Vorbereitung, konnten wir am Start gleich wertvolle Sekunden herauslaufen und passierten den ersten Kilometer  bei 2:50min. Frederik, Habtom und ich wechselten uns bei der Führungsarbeit ab und so verging Meter um Meter. Das Tempo konnten wir trotz 17 Kurven, 6 Geraden und leichtem Gegenwind konstant bei 2:59/km halten. Bei Kilometer 5 zeigte die Uhr eine Zeit von 14:48 min an. Die erste Runde war geschafft.

Meine Vereinskollegen hatten mit großen Gummiabnutzungen zu kämpfen und bekamen vom Coach deshalb die Anweisung, das Tempo zu drosseln.
So kämpfte ich alleine auf der zweiten Runde gegen die gnadenlos tickende Uhr. Über Funk wurde mir  mitgeteilt, dass ich völlige Freigabe habe und bis an meine Grenzen gehen darf. Der Kilometerschnitt lag bei 3:00 min.
Mit einfallendem Ostwind und leichtem Anstieg ging es nach der Bernie Ecclestone-Kurve noch einmal auf die lange Parabolika. Ein rennentscheidender Abschnitt, denn dort verlorene Sekunden können nur schwer wieder aufgeholt werden. An der Spitzkehre war das heikle Stück geschafft. Von dort sind es nur noch leicht abfallende 2,5 km, die vorbei an der Mercedes-Tribüne und  der Innentribüne ins Ziel führen.

Die zweifach verdichtete SSL-EVA Zwischensohle mit einer maximalen Rückfederung wurde bis an ihre Grenzen gebracht.
Leichter Rauch trat aus den Abflusslöchern, die eigentlich für den Wasserablauf bei Regen gedacht sind.

Es kam zu ersten Überrundungen. Lautstark wurde ich von Zuschauern, Läufern und vom Coach auf dem Rad angefeuert. Über Funk hörte ich, dass die letzten Sektoren neue Bestzeiten waren. „Schau, dass du das ins Ziel bringst!“

Nicht nur das Material kam an seinen Grenzen, auch der Motor hatte leichte Probleme. Zum Glück kühlten die niedrigen Außentemperaturen das Material und den Motor, sodass ein schlimmerer Schaden verhindert werden konnte. 

Die schwenkende Zielflagge war von weitem schon sichtbar, aber  die Zielgerade war lange. Von Sekunde zu Sekunde wurde es immer schwerer, die angestrebte Bestzeit zu erlangen. Doch am Ende reichte es gerade noch mit 29’46“ unter der vor 3 Wochen aufgestellten Zeit zu bleiben.

Bis zum nächsten Rennen